Andrea Borzatta
Präsidentin, Medienverantwortliche
Jahrgang
1979
Familiensituation
verheiratet
Kinder
2 Jungs (2011/2014)
Beruf / aktuelle Tätigkeit
Lic.oec.HSG, Kommunikationsexpertin/Mediensprecherin, aktuell Mutter und Präsidentin Verein Postpartale Depression Schweiz, Ausildung zur Pilates Trainerin
Hobbies
Kreative Arbeit, Lesen, Reisen, Pilates
Erste PPD setzte ein
Rund 2 Monate nach der Notkaiserschnittgeburt des ersten Sohnes
PPD dauerte ca.
Etwa 2 Jahre, aber erneute PPD nach zweiter Geburt
Vorgeschichte mit Depression / depressive Verstimmung
Keine; aber Hang zu Perfektionismus
Anzeichen / Symptome meiner PPD
Schlafstörung, Müdigkeit, Aggressionen, Selbstzweifel, Traurigkeit, Antriebslosigkeit, innere Unruhe, Panikattacken
Auslöser meiner PPD
Frühgeburt mit Notkaiserschnitt, Trennung nach der Geburt, starke körperliche Beschwerden, Stillprobleme, Trinkschwierigkeiten beim Kind, konstante Angst um Sohn (insbesondere bzgl. Gedeihen), wenig Ablenkung oder berufliche Bestätigung, kein Sport
Meine PPD in Kurzfassung
Nach einer traumatischen Geburt aufgrund schwerem HELLP-Syndrom (komplizierte Form der Schwangerschaftsvergiftung) kam mein erster Sohn knapp fünf Wochen zu früh und mit 2300 Gramm auf die Welt. Nach der Geburt wurde er aufgrund eines Atemnotsyndroms direkt ins Kinderspital auf die Intensiv-Neonatalogie verlegt. Dort wurde er auch intubiert. Ich selbst lag auch drei Tage auf der Intensivstation, jedoch im Geburtsspital und konnte ihn deshalb die ersten drei Tage nicht sehen. Meine Liebe war jedoch vom ersten Moment an gross, leider war meine Angst und Sorge um ihn fast noch grösser. Als wir nach 2 Wochen alle heimdurften, war ich fast rund um die Uhr mit Abpumpen und Schöppelen beschäftigt. Er trank sehr schlecht und meine Angst, er könnte nicht richtig gedeihen, wuchs stetig. Die Schuld daran gab ich mir. Nach zwei Monaten verbrachte ich wieder ein paar Tage wegen einer Brustentzündung im Spital. Ich wollte abstillen, mir wurde jedoch davon abgeraten. Nach drei Monaten konnte ich mehrheitlich stillen, es war jedoch immer noch sehr schwierig und zeitaufwendig. Kontakt zur Aussenwelt suchte ich immer weniger, ich fühlte mich zu Hause gefangen und war traurig und leer. Mein Mann half mir sehr, aber ich hatte konstant ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn aufgrund meiner "Unfähigkeit" von seiner Arbeit abhielt. Nach 6.5 Monaten stillte ich abrupt ab und nahm danach Antidepressiva-Medikamente. Damit allein war es jedoch nicht getan: es folgten Besuche in Selbsthilfegruppen, Therapien, Emotionelle Erste Hilfe usw. Nach rund eineinhalb Jahren fühlte ich mich etwas stabiler und setzte die Medikamente ab. Als ich wieder schwanger wurde, hatte ich grossen Respekt, sowohl vor den medizinischen Risiken während der Schwangerschaft, als auch vor der Zeit danach. Leider bin ich auch nach der zweiten Geburt trotz guter Vorbereitung und problemloser Geburt wieder in ein Loch gefallen. Dieses Mal hab ich jedoch schneller reagiert, schneller wieder Medikamente genommen und auch schneller offen über meinen Zustand gesprochen.
Reaktion meines Umfelds
Teilweise Überforderung, Hilflosigkeit, aber auch Interesse und Mitgefühl
Behandlung (Therapie)
Antidepressiva, Psychotherapie, Mutter-Kind-Station, Osteopathie, Emotionelle Erste Hilfe, Achtsamkeit/MBSR
Medikamente
1.PPD: Cipralex; 2.PPD: Valdoxan, Quetiapin, Lyrica, Fluoxetine
Das hat mir wirklich geholfen
1. Zu akzeptieren, dass ich krank bin und Hilfe brauche
2. Kein Geheimnis mehr aus meinem Zustand zu machen
Literaturtipp
Brooke Shields: Ich würde dich so gerne lieben
Meine Erkenntnis
Ich wünschte ich hätte damals schon so viel über die Erkrankung gewusst wie heute. Dann hätte ich nicht so lange im Stillen gelitten und mich eher getraut, über meine Gefühle und meine Überforderung zu sprechen. Mein Wissen und meine persönliche Erfahrung weiterzugeben ist mir sehr wichtig, denn niemand sollte so eine Krise alleine überstehen müssen. Eine PPD kann alle treffen und niemand sollte sich dafür schämen.