Erfahrungsbericht von Claudia
Mein Name ist Claudia und ich möchte von meinen persönlichen Erfahrungen nach der Geburt meiner Kinder erzählen.
Bei meinem erstgeborenen Sohn Nico ging es mir schon nicht so gut, so dass ich bereits einige Male mal zu einer Psychologin ging und mit ihr meine Situation besprach. Nach der Geburt des zweiten Kindes Noah kamen diese negativen Gefühle wieder und verstärkten sich. Ich war vor allem unglaublich reizbar. Fiel zum Beispiel ein Glas zu Boden, konnte ich dies nicht einfach hinnehmen und verlor sofort die Geduld, rief aus. Wenn Nico stürzte und weinte, konnte ich ihn nicht in den Arm nehmen und trösten, ich schimpfte ihn an und sagte, er solle doch besser aufpassen. Dadurch brachte ich ihn noch mehr zum weinen.
Wenn mein Mann am Abend etwas später nach Hause kam und ich bereits so erschöpft vom Tag mit den beiden Kindern war, gerieten wir oft aneinander. Ich hatte das Gefühl, dass er mir überhaupt nicht helfen würde und ich alles alleine machen müsste. So gab es viele Auseinandersetzungen zwischen uns.
Noah konnte ich in dieser Zeit auch nie in die Trage nehmen oder Nähe zu ihm zulassen. Ich legte ihn entweder in sein Bett und beruhigte ihn dort, bis er schlief, oder ich ging mit dem Kinderwagen spazieren. Ich fühlte mich zu Hause ständig beobachtet, unter Kontrolle. Sobald die Spielsachen vom Grösseren umher gelegen sind, verräumte ich sie an ihren Platz.
Ich beschuldigte teilweise unschuldige Personen, dass sie etwas nicht richtig machen würden. Ich zweifelte und wünschte mir, dass alles wieder so werden würde, wie es vor der Geburt meines zweiten Kindes gewesen war. Ich stellte meine Beziehung zum meinem Mann in Frage. Ich war bis zum fünften Lebensmonat von Noah in einem gefühlslosem Zustand, bis ich endlich verstand, dass ich an einer postpartalen Depression leide.
Ich ging von da an alle 2 Wochen zur Gesprächstherapie, dies tat mir sehr gut. Auch das Medikament, das man mir dort verordnet hatte, half mir. Zu Beginn war mir zwar übel davon gewesen, doch nach 2 Wochen vertrug ich das Medikament gut und es ging mir Woche für Woche und von Monat zu Monat immer besser.
Meine Mama konnte ich in dieser schwierigen Zeit immer anrufen oder ihr schreiben. Sie kam mir stets helfen und entlaste mich mit den Kindern. Die Mütter- und Väterberatung meldete sich ausserdem jeden Tag bei mir. Ich selbst hatte nicht die Kraft dafür. Die Antriebslosigkeit begleitete mich fast jeden Tag. Was fange ich mit diesem langen Tag an? Wie bringe ich alles mit meinem Perfektionismus unter einen Hut? Ich getraute mich ja nicht einmal mit beiden Jungs in einen Einkaufsladen. Die Spitex war für mich eine weitere grosse Entlastung. Zu Beginn kam sie zweimal wöchentlich, mit der Zeit noch einmal wöchentlich. Unseren grösserer Sohn brachten wir einmal wöchentlich in die Kita, sodass ich mehr Zeit hatte für den Kleineren.
Heute geht es mir viel besser. Wir haben der Kita wieder gekündigt, die Spitex brauche ich auch schon länger nicht mehr und ich besuche eine Krabbelgruppe, treffe wieder Freundinnen und gehe meine Eltern und Schwiegereltern mit den Kindern besuchen.
Ich bin sehr sehr dankbar für die grandiose Hilfe der Mütter- und Väterberatung, der Gynäkopsychiatrie, der Spitex sowie meiner Hebamme. Meinem Mann und meiner Mama möchte ich an dieser Stelle ebenfalls vielmals Danke sagen. Ich bin durch die psychische Erkrankung nach der Geburt nur noch stärker geworden, sie hat mich nicht geschwächt, sondern mein Selbstbewusstsein gefördert. Ich wünsche allen Frauen, die ebenfalls gerade durch diese Zeit gehen müssen, viel Kraft und Hoffnung. Die Liebe zum eigenen Kind wird kommen, wenn man mit sich selbst geduldig ist.